Die Verbindung zu uns selbst als Fundament des Menschseins
ÜBer die wichtigste Verbindung im Leben
Menschen reisen ins All und in die Tiefsee. Sie kennen die innersten Strukturen des Atoms und können Ihren eigenen genetischen Bauplan decodieren. Aber uns selbst bleiben wir oft unbekannt. Unsere Aufmerksamkeit ist meist im Außen. Dort sind wir vielfältig verbunden über Internet, Fernsehen, Mobiltelefone. Wie aber finden wir Zugang zu unserem eigenen Inneren? Dazu möchte ich Ihnen verschiedene Wege vorstellen.
Erlauben Sie mir zunächst auf den Preis einer Vernachlässigung der Verbindung zu uns selbst einzugehen. Gefühle von Leere, Bedeutungslosigkeit und Verwirrung zeigen an, wenn wir diesen intimen Kontakt mit unserer eigenen Essenz verloren haben. Ein nur nach außen gewandtes Leben kann dazu führen, dass wir den wichtigen Teil der Erfahrung, der sich im Inneren abspielt, verlieren.
Wer vertraut der Weisheit seines Körpers?
Wer kann heute noch von sich sagen, dass er der Weisheit seines Körpers vertraut? Dabei liefern Emotionen, Empfindungen, Körperbotschaften, Gedanken und Intuitionen kontinuierlich die direktesten Informationen, die wir haben. Nur wenn diese innere Verbindung zu uns besteht, kann eine Person zentriert sein und wissen, wer sie ist und wohin sie gelangen will.
Manche Menschen schaffen es, diese Verbindung mit sich selbst lebendig zu halten und sie sogar für ein gutes Leben zu nutzen. Für andere ist die Verbindung nur noch ein entferntes, fast vergessenes Gefühl. Kinder besitzen in der Regel die Fähigkeit, mit sich selbst eng verbunden zu sein und in ihr Inneres abtauchen zu können. Sie schöpfen aus Ihrem Innenleben und ihrer inneren Kommunikation. Mit der Zeit kann diese Kommunikation jedoch gestört werden. Diese Störung wird erlebt wie eine Trennung von seinen innersten Gedanken und Gefühlen. Der vermeintlichen Vernunft wird der Vorrang vor anderen Wahrnehmungsformen eingeräumt. Man verlässt sich auf das, was verifiziert oder gefühlt werden kann und darf, während das Subjektive zu einer fast unbedeutenden Rolle degradiert wird. Gerade als Erwachsene mit den Aufgaben in Beruf und Familie funktionieren wir und arbeiten die anstehenden Aufgaben ab. Zeit für Introspektion und das Ausleben von Gefühlen bleibt meist keine.
Auf der anderen Seite ist die Fähigkeit, nur vernünftig zu sein, ein zweischneidiges Schwert. Sie stellt sicher, dass der Menschen den Anforderungen, die das Leben an ihn stellt, entspricht, aber sie blockiert aber auch das, was nicht mit dem Festgelegten übereinstimmt.
Der Verlust der Verbindung zu unserem Inneren hat Konsequenzen
Manche Menschen entdecken zum Beispiel irgendwann, dass ihr Leben nicht so ist, wie sie es sich gewünscht haben. Dies geschieht oft in der Lebensmitte, kann aber auch zu anderen Zeitpunkten eintreten. Dann merkt man, dass man sich vielleicht von den Umständen hat mitreißen lassen diese oder jene Lebensentscheidung zu treffen, ohne sich zu fragen, ob es wirklich das ist, was man machen möchte. Vielleicht hat man sich auch mit eigentlich nahestehenden Personen auseinandergelebt. Dadurch kann eine Entfremdung vom eigenen Leben eintreten.
Diese Entfremdung passiert vor allem dann, wenn man angestrengt versucht, sich dem anzupassen, was von einem erwartet wird, oder ein gutes Image aufrechtzuerhalten. Am Ende weiß man nicht mehr, wer man wirklich ist und was man selbst will.
Es gibt Menschen, die angesichts dieses Sich-Fremdseins ständig vor dem Kontakt mit sich selbst flüchten und ihre Zeit mit Aktivitäten, Beziehungen und Abhängigkeiten füllen. Wenn die äußeren Ablenkungen aufhören und Stille herrscht, treten ungelöste Ängste oder Unzulänglichkeiten stärker in Erscheinung. Das haben viele Menschen gerade in der erzwungenen Pause der Pandemie erlebt.
Manchmal wird Selbsterkenntnis und Introspektion durch eine Lebenskrise plötzlich in den Mittelpunkt gestellt. Besser ist es aber, nicht auf eine Krise zu warten, sondern schon jetzt damit zu beginnen, sich mit den verschiedenen Ebenen seines inneren Erlebens zu verbinden.
Dafür stehen uns verschiedene Wege zur Verfügung:
- Der innere Dialog
- Körperarbeit
- Die Arbeit mit Gefühlen
- Die Auseinandersetzung mit unserem Unbewussten
1. Verbindung durch inneren Dialog
Ein erster Kontakt mit sich selbst kann darin bestehen, den inneren Dialog zu beobachten, den wir beständig mit uns selbst führen. Hier verdichtet sich ein großer Teil der Gedanken, Ideen, Sorgen und Obsessionen, die den Geist beschäftigen. Die Worte, der Ton, die Art und Weise, wie wir uns ausdrücken, auch auf einer inneren Ebene, haben einen großen Einfluss. Wir fühlen uns ganz anders, wenn wir mit uns selbst in einer kritischen oder abwertenden Weise sprechen, als wenn ein verständnisvoller und beruhigender Ton vorherrscht. Stille oder Ruhe ermöglicht es uns, zu beginnen, diesem Dialog zuzuhören. Ein sehr schönes Tool, dass ich gerne nutze ist das sogenannte „Freewriting“. Damit bezeichnet man das freie Schreiben zu dem, was uns gerade durch den Kopf geht. Einfach den Timer auf 10 Minuten stellen und alles herausschreiben, was uns gerade bewegt. Auf Grundlage des geschriebenen können wir sehen, was uns in welcher Weise und mit welcher Sprache beschäftigt.
2. Verbindung durch Körperarbeit
Manchmal leben wir losgelöst vom Körper, der oft als Gegenspieler oder Untertan des Geistes gilt. Seinen Veränderungen oder seiner Sprache oder auch der Bedeutung seiner Symptome wird wenig Beachtung geschenkt. Statt die Signale des Körpers als Botschaften zu sehen, versuchen wir, sie zu kontrollieren oder zu überdecken. Umso mehr, wenn sie störend sind oder uns zwingen, unsere Pläne zu ändern. Der Körper ist jedoch der Verbindungskanal zwischen der Außenwelt und der Innenwelt. Durch ihn erleben und nehmen wir die Realität wahr, und gleichzeitig spiegelt er unsere Geschichte wider. Jedes Symptom oder jede körperliche Erscheinung sagt uns etwas über uns.
Wir sind vielleicht nicht immer in der Lage, seine Gründe zu verstehen, aber wir müssen lernen, mehr auf die eigene Weisheit des Körpers zu vertrauen. Anstatt seine Signale zu blockieren, können wir uns dafür entscheiden, ihnen zuzuhören. Anstatt sich von den Empfindungen abzukoppeln, können wir sie als nützliche Hinweise nutzen.
Mediationen und Körperübungen aus dem Yoga, Tai-Chi oder auch Praktiken wie Autogenes Training oder Focusing können uns helfen, wieder stärker in Kontakt zu kommen mit unserem Körper und seiner Sprache. Für mich immer wieder hilfreich ist zum Beispiel das Lexikon „Krankheit als Symbol“ von Rüdiger Dahlke. Das ist vielleicht etwas esoterisch, aber bei Beschwerden kann ich dort nachschauen, mit welchen inneren Bezügen bestimmte Zipperlein in Verbindung gebracht werden und es hilft mir, mich auf den Weg zu einem besseren Verständnis mit dem Körper zu machen.
3. Verbindung durch die Arbeit mit Gefühlen
Gefühle werden leider oft als minderwertig gegenüber der Vernunft angesehen. Sie gelten als unbeständig und als Überbleibsel unseres primitiven und instinktiven Teils. Kein Wunder, dass es so beängstigend ist, ihr Reich zu betreten.
Emotionen sind sicherlich älter als die Vernunft, denn sie sind eine unmittelbarere Art von Intelligenz. Wenn Angst oder Wut geweckt werden, stellt sich der ganze Körper sofort darauf ein. Angesichts einer realen Gefahr bleibt keine Zeit zum großen Nachdenken. Wir wissen, dass es ein Problem sein kann, sich von Emotionen mitreißen zu lassen. Aber es kann auch zum Problem werden, wenn man Gefühle dauerhaft ignoriert oder unterdrückt. Die angestaute emotionale Spannung steigt und neigt irgendwann dazu überzulaufen und sich Bahn zu brechen. Eine gute Maßnahme ist es, eine kontinuierliche Verbindung mit den eigenen Gefühlen aufrechtzuerhalten. Nur dadurch können wir überhaupt in die Lage kommen, mit ihnen sinnvoll umzugehen. Emotionen sind ein Hinweis, der uns darüber informiert, wie wir etwas erleben. Sie sind wertvoll, weil sie uns helfen, Situationen zu lösen und unsere Beziehung zu anderen zu verbessern.
Ich habe einmal Emotionen-Karten geschenkt bekommen. Sie waren eigentlich für die Arbeit mit Kindern gedacht. Auf den Karten ist ein Kerlchen dargestellt, das ganz viele verschiedene Gefühle erlebt, die sich in seiner Körperhaltung und Physiognomie ausdrücken. Auch für mich waren die Karten hilfreich, um darüber meine augenblicklichen Gefühle zu identifizieren und sie zu benennen. Auch das Niederschreiben hilft hier wieder ungemein.
4. Verbindung durch die Auseinandersetzung mit unserem unbewussten
Das Unbewusste gilt einerseits als eine Art Sammelbecken von Impulsen oder verdrängten Erinnerungen. Andererseits ist ein riesiges Areal des Geistes, dessen Möglichkeiten wir noch gar nicht in voller Tiefe erfassen.
Der bewusste Verstand ist für das Denken, Unterscheiden, Analysieren von Informationen und Treffen von Entscheidungen zuständig. Das Unbewusste agiert auf ganz andere Weise: Es steuert die unwillkürlichen Funktionen des Organismus, erfasst und speichert alle Informationen der Sinne und enthält das emotionale Gedächtnis. Der Psychiater Carl Gustav Jung definierte es als einen unergründlichen Brunnen von Informationen, in den man hineinschauen kann, um etwas über sich selbst und die Welt zu erfahren.
Intuitionen, Träume, Momente der Inspiration überbrücken die Kluft zwischen dem Bewussten und dem Unbewussten. Unser Geist speichert eine Menge Daten, Eindrücke und Wahrnehmungen, die uns nicht bewusst sind, die aber in jedem Moment an die Oberfläche kommen können. Wir haben eine Weisheit, die über die Vernunft hinausgeht und die sich umso deutlicher zeigt, je mehr wir uns mit uns selbst verbinden.
Über Märchen aber auch über Bilder wie zum Beispiel in den Tarotkarten komme ich persönlich leichter in Verbindung zu meinen inneren Symbolen. Dazu zähle ich auch das Aufschreiben meiner Träume. Dazu stelle ich eine einfache Anleitung hier bereit. Diese Mittel helfen mir, im Alltag in Verbindung mit meinem Unbewussten zu bleiben.
Mit sich verbunden zu sein macht uns als menschen stärker
Verbinden bedeutet, sich zu verbinden, Kommunikation herzustellen. Wir haben unsere intellektuellen Fähigkeiten zu sehr in Anspruch genommen, aber vielleicht haben wir vergessen, dass es noch andere Möglichkeiten gibt, die Realität zu erfassen: die Intelligenz des Körpers, der Gefühle, des Unbewussten. Jeder Mensch kann in sich selbst nach dem Gefühl des Verbundenseins suchen. Vielleicht erinnern Sie sich an eine Zeit, in der Sie sich besonders entspannt und klar fühlten. Damals ruhten Sie in sich und waren also gut mit sich verbunden. Mit sich selbst in Kontakt zu sein, ist wie ein Anker, der es uns erlaubt, innerlich ruhig und stabil zu bleiben. Auf diese Verbindung können Sie immer und auch in äußeren Krisenzeiten zurückgreifen und sich erden.
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